Täglichlaufen. Vierzehn Jahre & Sechs Monate. Mein Halbjahresjubiläum.

Täglichlaufen. Stolze und kostbare Vierzehn Jahre und Sechs Monate in Serie. Oder anders formuliert, mein Halbjahresjubiläum feiert heute seinen temporären Moment, geboren in Zeit und Raum und hinein getragen, in diese meine flüchtige Welt des Täglichlaufens und entsprechend mental und körperlich von mir in Harmonie geformt und geprägt. Also habe ich weitere sechs Monate Täglichlaufen nach meinem vierzehnjährigem Jubiläum in die unendliche Erinnerung verbannt und somit harrt nur noch ein weiteres halbes Jahr der zeitlichen Erweckung, bevor mich – vielleicht – eine 15 anlächeln wird. Fünfzehn Jahre. Erschreckend. Tempus fugit. Doch bis zu jener Sekunde in der Zukunft verzehrt der tödliche Ozean, äquivalent der omnipotente Zeitenfluß des surrealen Lebens noch zahlreiche Wasserperlen der Hoffnung und absorbiert sie gnadenlos im Nichts. Ich kann mich nur überraschen lassen, ob mir das Glück hold sein wird. All jene Faktoren, die ich kontrollieren kann, werde ich freilich bewußt im Rahmen meiner Intention steuern. Denn in die Welt der Nichtläglichläufer hernieder zu fallen, werde ich so lange vermeiden, wie es mir nur irgend möglich ist. Aber dies versteht sich von selbst; wie könnte ich auch nur nicht täglich laufen? Zugegeben, eine kuriose Vorstellung nach all den Jahren – die irgendwann dennoch Realität werden wird. Nichts währt für immerdar.

In der vergangenen Phase alternierten die Temperaturen zwischen 05 °C und 25 °C und ja, der Sommer hat sich endlich verabschiedet. Insgesamt wurde mir die Gnade von drei Regenläufen gewährt und als ersten herbstlichen Vorgeschmack absolvierte ich zudem noch zwei Nebelläufe, welche ich sehr genossen habe. Wunderschöne Nebelschleier senkten sich mit finsterer Hingabe hernieder und kontrastierten allenthalben mit der strahlenden Sonne, die den Morgentau in den Grasfeldern mit den zahllosen Netzen der Arachniden wie Abertausende von glitzernden Diamanten oder Brillanten erleuchten ließ; in Kombination mit den dampfenden Weihern wurde hier ein irreales Naturgemälde erschaffen, welches seinesgleichen suchte. Wiederholt blieb ich stehen und staunte nur ob der vollendeten Schönheit, die ich in jenen frühen Morgenstunden beobachten durfte. Ein golden strahlendes Nebelgewölk, verbunden mit einem prachtvollen Glitzermeer funkelnder Edelsteine, die mich wahrlich verzauberten und die formidable Natur regelrecht erstarren ließen. Ungeachtet all meiner Begeisterung ließen sich jene Augenblicke nicht in Worte kleiden; wie gern hätte ich dies getan! Wenn ein Traum Wirklichkeit wird – wie passend zu meinem heutigen besonderen Tag.

Am 31.08. verwandelte ich mich einmal mehr in ein Schreckgespenst, um als überirdischer Geist zu spuken. Ein Handwerker befuhr mit seinem Transporter einen ziemlich zugewachsenen Weg, der nur selten frequentiert wird – ich lief hinterdrein und kam auf Grund von Brennesseln und anderer lokaler Begebenheiten nicht vorbei. Als das Vehikel endlich hielt, wollte ich mich am Rand entlang zwängen, doch der Fahrer fuhr wiederholt an. Endlich gelang es mir! Auf der Fahrerseite – hinein in die gar nicht angenehmen Brennesseln – passierte ich das Fahrzeug, als plötzlich die Tür aufsprang und der Lenker ausstieg, sich abrupt umdrehte und jählings unmittelbar vor sich eine schwarze Gestalt gewahrte, die auf ihn herab sah. Ich muß gestehen, so eine schreckliche Impression erlebte ich bis dato nie – sogar die Tür ließ der sprachlose Handwerker vor Überraschung offen, das Schließen übernahm letztlich ich, um meinen Lauf fortzusetzen. Was für eine eindrückliche Begegnung im Zeichen wahrhaft erschreckender Sekunden.

Am 16.09. begann der Tag sehr finster und ein nasser Hauch ließ sich herab, um die irdische Welt zu beschenken, gleichwohl konnte ich das bei aller Regenliebe nicht als Regenlauf gelten lassen, so daß mein 350. Regenlauf weiterhin in der Zukunft auf den Vollzug warten darf. Heute jedoch konzentriere ich mich würdig auf mein Halbjahresjubiläum, welches ich heute Abend entsprechend zelebrieren werde. Und nach wie vor gilt, wenn ich nicht jeden Tag dieses bedeutenden Pfades dokumentiert hätte, so würde mir ein Nachvollziehen durchaus relativ herausfordernd erscheinen. Es ist bemerkenswert, explizit in dem Kontext der Gesundheit, doch ja, schlußendlich beweist mein Täglichlaufen nur, wie es sich auf selbige auswirkt, aber diese banale Erkenntnis habe ich längst ausführlich behandelt. Und wer doziert schon ständig gerne über sein Atmen? Tag für Tag vergeht, die Zeit rast ungerührt in die Vergangenheit und reißt alles Lebendige gnadenlos mit sich – ich selbst werde mein fragiles Konstrukt vom Täglichlaufen weiterhin leben, ja, l e b e n – solange mir dieses Geschenk gewährt werden wird. Ich bin mir bewußt, um welche Einzigartigkeit es sich hierbei handelt; dieses von mir etablierte Konstrukt ist unendlich kostbar. Ab sofort beschreite ich den Weg, der mich zu einer 15 führen wird. Vielleicht. Gelebtes Täglichlaufen.

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