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Multiples Entsetzen

Posted in Täglichlaufen. Reaktionen. on 10. Februar 2012 by Täglichläufer

Es war einmal. In der Tat, es war einmal – vor langer, langer Zeit. In einem Land, in dem es weit und breit keine Berge gab, nicht einmal Hügel; die urtümlichen Ureinwohner nannten sich Preußen. Dort lebte einst der Täglichläufer, der – wie könnte es anders sein? – sich täglich dem dekadenten Laufgenuß mit Liebe hingab. In seiner Anfangszeit löste dies mannigfaltiges Entsetzen aus, schließlich war die dortige Bürgerschaft ein getreues Abbild der herrschenden Gesellschaft und entsprechend bequem, bewegungsfaul und in ihrer Weltsicht – wie Interpretation derselben durchaus beschränkt respektive in einem starren Denken gefangen. Sodann generierte dieser Täglichläufer neuerliches Entsetzen, als er sich im Winter – nicht wie alle anderen Bürger – vollkommen inadäquat übertrieben kleidete. Die oben zitierte Gemeinschaft war zudem von grundauf verweichlicht. Und so herrschte abermals das blanke Entsetzen.

Viele Jahre zogen in das weite Land. Nach vielfältigen Reaktionen, das Gros wandelte sich jedoch in eine positive Wahrnehmung – gehörte jener Täglichläufer zum Stadtbild. Er wurde nicht mehr in einem exponierten Rahmen wahrgenommen. Nach einer Dekade war man einfach daran gewöhnt. Und ja, ich habe mir meine täglichen Beobachter ein wenig „erzogen“. Oh, halt, schrieb ich eben „ich“? Pardon, ich meinte natürlich „er“. Doch nun erlebte der Täglichläufer vor einigen Tagen erneutes Entsetzen. Der Grund hierfür manifestiert sich in der anhaltenden Kältephase, welche durchweg in einem zweistelligen Minusgradbereich lieblich reizt. In der Konsequenz läuft besagter Täglichläufer derzeit in langen Gewändern. Natürlich ohne Kopfbedeckung – dies versteht sich von selbst. So amüsierte sich ein langjähriger Grußfreund von mir, als er mich in langer Bekleidung erkannte und eine weitere Bekannte schrie ihr nacktes Entsetzen bereits lauthals in die Welt hinaus – als ich noch gut 20 Meter entfernt war. Ja, sie war regelrecht enttäuscht. Der wiederholte Rückfall in die erste Person möge man mir an dieser Stelle verzeihen.

Wohin ich auch laufe, ich werde nun oft von entsetzlichen Rufen des Schreckens begleitet, denn wie kann ich auch nur wagen, in langer Bekleidung mein Täglichlaufen zu praktizieren? Mich selbst erstaunt nur, wie viel Macht doch in der langjährigen Gewohnheit innewohnt und wie sich das Bild schlußendlich in das Gegenteil verkehrt hat. Früher war jeder ob meiner kurzen Sachen verblüfft und heute wundern sich die gleichen Personen, wenn ich mich der elementaren Verhältnismäßigkeit anpasse. So sei es. Doch welche Kälte meine ich eigentlich? Diese törichte Jammerei, die so viele Menschen derzeit an den Tag legen, nur weil die Temperaturen in Regionen von -17 °C oder auch -20 °C vorstießen, kann ich nicht mehr hören. Bereits meine Großeltern würden nur entsetzt lachen, angesichts der Tatsache, wie die Gesellschaft leidet – bei diesem vielleicht heute nicht mehr „üblichen“, aber letztendlich eher schwach ausgeprägten Winter. Da ist es wieder, das Entsetzen. Entsetzlich. Von meinen Urgroßeltern ganz zu schweigen. Unsere Gesellschaft in Deutschland. Sie wird immer weicher, unleidlicher, noch bewegungsärmer, kränker und bequemer. Allein, mit gesunden und gut trainierten Menschen läßt sich eben nur schwer Geld verdienen. – –

Ich laufe in der zärtlichen Kälte, genieße die behagliche Frische, das Thermometer tendiert gegen -20 °C und die prachtvolle Sonne leuchtet erhaben zwischen den hohen Baumkronen hernieder. Ich verlasse die sonst so von mir präferierte Dammstrecke und betrete den zugefrorenen See, laufe auf dem Eis. Ein Glitzermeer von zahllosen Eisdiamanten strahlt im goldenen Sonnenglanz der temporären Unendlichkeit. Mein Weg führt mich hinter den stillen Schilfwäldern entlang, weiter und weiter. Irgendwann unterbreche ich meinen Lauf, hocke mich hin und spähe durch die dicke eingefrorene Wasserschicht; das Wasser ist klar und ich kann bis zu dem Grund blicken, indessen bin ich umgeben von Legionen funkelnder Kristalle, gebrochen im solaren Licht. Erstarrte Bewegung. Ich beobachte den Seeboden und verliere mich in andere Zeiten und Welten…

Kommentiertes Täglichlaufen.

Posted in Täglichlaufen. Reaktionen. on 5. März 2010 by Täglichläufer

Als Täglichläufer werde ich von zahlreichen Menschen beobachtet, die mich seit Jahren kennen und viele von ihnen sind durch meine tägliche Präsenz auf mich aufmerksam geworden. Nicht ein Tag vergeht, ohne daß ein neuer Grußreigen eröffnet wird. In meinem Laufareal respektive Stadtteil bin ich bekannt wie ein „bunter Hund“ (Zitat), eine logische Konsequenz des langjährigen Täglichlaufens. Diese Interaktion habe ich bereits beschrieben. Und viele Menschen neigen dazu, meine Konzeption ohne Unterlaß zu kommentieren. Passanten, die ich nicht näher kenne, reagieren auf mein Täglichlaufen mit lustigen Worten oder Sprüchen, die ihr Empfinden ausdrücken. Negative Reaktionen hingegen, sind höchst selten und lassen sich an einer Hand abzählen.

In der Majorität geht es um das Täglichlaufen an sich und – natürlich – über meine Bekleidung, da eine kurze Hose und T-Shirt bei Minusgraden auf die meisten Menschen befremdlich wirkt. Das gleiche Spiel im Sommer; wie kann man nur bei 35 C° laufen? Konsequenterweise favorisiere ich auch bei heißen Temperaturen eine kurze Garderobe. Folgende Zitate bilden einen kleinen Auszug aus meinen gesammelten Werken, allzu extreme Lobeshymnen werde ich nicht veröffentlichen, allein diese zu vernehmen, ist mir unangenehm genug. Die Standardrufe wie „Jeden Tag“ und „Der läuft täglich“ lasse ich weitgehend ebenfalls außen vor. Abschließend sei angemerkt, daß ich mich nicht blau anmale und mit einer weißen Mütze laufe, wie eine Antwort implizieren könnte – meine Laufbekleidung ist grundsätzlich schwarzer Natur – und Mützen besitze ich nicht.

In eigener Sache. Mit diesem Beitrag verabschiede ich mich – aller Wahrscheinlichkeit nach (wer hält sich schon an Pläne?) – für gut zwei Wochen aus der virtuellen Welt und werde mich am 18.03.2010 zu meinem neunjährigen Jubiläum zurückmelden.

Reaktionen, Allgemein

Beim Fahrradkauf. Ein Kunde sprach mich an: „Na? Gar nicht mehr Laufen? Oder Fahrrad auf dem Rücken und dann laufen?“

Kleines Mädchen: „Der rennt jeden Tag“, „Ja, der rennt jeden Tag!“

„Ist das der Renner wieder?“, „Ja, das ist er, der Renner“

Älterer Herr (geschätzte 45 Jahre älter): „Hallooooo, mein Jugendfreund“

„Der läuft zweimal am Tag, Vormittag und am Abend“

Zwei Herrn: „Der rennt den ganzen Tag“

Freund: „Hallooooo Maaarcus, du alter Schlumpf“

Nachbarin: „Wer rennt so schnell durch Wald und Wind?“

In der Bahn ein Herr: „Aussteigen und Joggen!“

Ein Mädchen: „Der macht Sport“

Zwei Punker: „Speedy Gonzales!!!“

Eine Frau fragt mich nach dem Verlassen der Bahn: „So langsam heute, das Tempo bin ich von ihnen ja gar nicht gewohnt“

Anwohnerin im Laufareal: „Hast du einen Socken gesehen, einen gestreiften?“

Bekannter: „Du bist ein Rundumläufer“

Erschrecktes Ehepaar, lachend: „Nächstes Mal bitte vorher pfeifen“

Zwei Rettungssanitäter: „Ach! Der Läufer!“

Angestellter im Zeitungsladen: „Und wie sieht es aus, wieder einmal gelaufen?“

Waldarbeiter: „Waren sie nicht schon gestern da?“

Hundehalter: „Du schleichst dich immer so an“

Wanderin auf dem Damm: „Sie wohnen wohl hier?“

Freunden geholfen, unbekanntes Haus betreten. Die Dame des Hauses: „Du bringst ja den Läufer mit!?“

Ich verfolgte einen Läufer, der mir „entkam“, weil er abbog; zwei Jugendliche kamen mir entgegen, „Da kommt schon wieder einer – mir liegt das einfach nicht“

Während einer Radtour: „Na, die Laufschuhe verlegt?“

Postfrau (Regenlauf): „Na, naß genug?“

Radfahrer, gleiche Stelle wie am Vortag: „Immer noch hier oder schon wieder?“

Eine Wandergruppe, ca. 30 Damen „Der hat wohl Angst vor uns“ (ich wechselte den Weg)

„Willst du beim Ironman mitmachen?“

Ein Bekannter: „Ist das gesund, was du hier machst?“

Befreundetes Ehepaar: „Seid gegrüßt, edler starker Läufer!“, ich begrüßte sie mit einer Verneigung und antwortete: Ave, edle Dame, edler Herr! – sie verbeugten sich ebenfalls; bei der Verabschiedung: „Auf Wiedersehen, Eure Heiligkeit!“ – unser Lachen schallte durch die Natur.

Kind: „Da! Ein Läufer!“

Reaktionen, Polizei

Polizist: „Da, ein Jogger“, „…rennt jeden Tag“

Ich näherte mich einer Geschwindigkeitskontrolle der Polizei. Ein Radfahrer kam mir entgegen und sprach: „Nicht so schnell, da stehn se!“

Polizeikontrolle, ein Polizist: „Der joggt jeden Tag“

Polizei blockierte mit ihrem Auto den Fußweg. Der eine Polizist sagte zum anderen „Vorsicht! Der Läufer!“ und zog ihn zur Seite.

Reaktionen, Radfahrer

Radfahrerin: „Da kommt man ja kaum mit dem Fahrrad hinterher“

Vier Radfahrer überholt; Rückmeldung:
„Sie laufen 15 km/h“

Fünf Radfahrer überholt, „Sie laufen genau 16 km/h“

Zwei Radfahrer überholten mich. Klacken der Gangschaltung war nicht zu überhören, anschließend überholte ich beide. Mann: „Der überholt uns!“

Reaktionen, Kälte

Älterer Herr sieht mich, schüttelt mit dem Kopf und ruft laut: „BRRRRR“

Eine Nachbarin berührte mich am Arm und wunderte sich: „Du bist ja ganz warm!?“

Zwei Frauen: „Uoooooh“

Zwei Jugendliche kreischten auf „Wäre mir zu kalt, obwohl ja die Sonne scheint“

Sechs Walkerinnen: „Mir ist jetzt schon an den Beinen kalt und der… (nicht mehr gehört)

Zwei Mädchen. Die eine: „Der friert nicht.“ Darauf die andere: „Doch!“

Nachbarin: „Gestern keinen Schnupfen geholt?“

Freundin: „Wenn ich dich sehe, wird mir noch kälter“

Zwei Männer: „Wie im Hochsommer“

Jugendlicher: „Alter Schwede!“

Ein Bekannter: „Ich dachte, du läufst in lang jetzt, und kommst nun hier wie im Sommer an!“

„Wow, heute mit Handschuhen?“

„In langen Sachen? Ich habe dich nicht erkannt“

Reaktionen, Hitze

“Heute läufst du aber nicht, oder?“ Bei der Hitze?“

“Sie drehen wieder ihre Runde, obwohl es so heiß ist?“

„Verrückt bei der Hitze“

„Laut Radio soll man heute keinen Sport treiben. Ozon…“

„Bei der Hitze willst du rennen?“