Wie bei den raren Artikeln dieser kostbaren Gewichtung gewohnt – im Zeichen exponierter Jubiläen – ist selbiger primär an meine Person adressiert und wie zu erwarten ist, zeichne ich ein höchst positives Gesamtbild meines Täglichlaufens – natürlich. Überdies ist es nicht meine Intention andere Menschen vom Täglichlaufen zu überzeugen oder gar auf diesen Weg zu führen – das kann und will ich nicht im Ansatz, wozu auch – jeder muß seinen eigenen Pfad beschreiten und ich würde Täglichlaufen niemals empfehlen; tägliche Bewegung hingegen immer. – – –
Erst gestern, nein, vor einem halben Jahr formulierte ich mit der imaginären Feder auf dieser Seite: So vergeht Tag um Tag und Jahr um Jahr. Vielleicht gelingt es mir, dreizehn Jahre zu vollenden; ich würde es mir wünschen, aber das ist natürlich kein Ziel. Doch wohin die nebulöse Reise gehen wird, wird sich zeigen. Mein Lied vom Täglichlaufen kann noch Jahre andauern oder zehn Tage. Ich kann mich nur der gnadenlosen Lehrmeisterin der Zeit unterwerfen. Allein, habe ich eine andere Wahl? Solange ich kann und darf, werde ich diese meine Liebe praktizieren und die Ballade mit Hingabe komponieren. Tage kommen, gehen. Verblassen ungerührt und ohne Wehmut im wispernden Wind. Reiten im wehenden Sturm ungestüm für immerdar von dannen, ziehen lächelnd in die allumfassende Unendlichkeit der Melancholie ein – und reißen uns ungefragt mit. Das Leben hat weitere sechs Monate unwägbarer Lebenszeit vergehen lassen, ich sang die oben erwähnte Ballade weiterhin mit Inbrunst und der Sinn meiner damaligen Worte wurde gleichsam in das Gegenteil verkehrt – aus dem verhaltenen Wunsch wurde ein greifbares Ziel, welches ich heute tatsächlich realisiert habe.
Fürwahr, der besondere Tag ist gekommen – der 18.03.2014 – heute jährt sich der Startpunkt meiner sogenannten „Serie“ im Gelebten Täglichlaufen und heute darf ich auf 13 Jahre Täglichlaufen zurückblicken – ohne Pausen, ohne Ruhetage – ich habe eine neue Ebene im Täglichlaufen für mich realisiert wie etabliert. Ein höheres Niveau entfaltet sich behutsam, indessen nicht ohne Macht. Ich habe es tatsächlich erreicht, dieses irreal anmutende Jubiläum von 13 Jahren Täglichlaufen in Serie. – Gelebtes Täglichlaufen – DREIZEHN JAHRE – 18.03.2001-18.03.2014. Mein Weg in die Zufriedenheit. – Erneut habe ich für mich die nächst höhere Herausforderung der Natürlichkeit erklommen – auf diesem Pfad, der aus dem unendlichen Nichts kommt und in das endliche Nichts führen wird. Ein neuerliches Jahr habe ich im Zeichen des widersprüchlichen Täglichlaufens generiert wie konsolidiert und ja, ich freue mich unbändig darüber. Bei all der erkennbaren und parallelen unbewußten Fragilität im Dasein ist es für mich umso bemerkenswerter, daß ich mich immer noch meinem Täglichlaufen hingeben darf, seit nunmehr 13 Jahren – in der Tat handelt es sich um einen essentiellen Bestandteil in meinem Leben. Nicht nur heute blicke ich eminent stolz auf das Erreichte zurück – so lange ich lebe, werde ich dies mit einem zufriedenen Lächeln tun.
Ich gestehe es gerne ein, mir fehlen durchaus die Worte; einerseits weil ich mich wiederholt en détail mit diesem Thema auseinandersetzte und andererseits ist nichts natürlicher als Täglichlaufen. Körper und Geist erfahren nur das, wofür sie konstruiert wurden; jedwede Diskussion über diese Thematik offenbart einen absurden Charakter – oder wer debattiert schon über das tägliche Atmen? Doch vielleicht ist ein tiefes Sinnieren wiederum sinnvoll, weil wir in einer bewegungsfeindlichen, faulen und bequemen Scheinwelt leben. Wie dem auch sei, mit dem heutigen Beitrag bewege ich mich latent auf dem Weg der Zurückhaltung und werde mich in meinen Ausführungen beschränken. Der Zeitenfluß des flüchtigen Lebens hat es mir in der Tat ermöglicht, die Reise des Täglichlaufens in dieser für mich einzigartigen Art und Weise zu beschreiten und das seit 13 Jahren. Das hätte ich mir nicht im Traum vorstellen können. Ein wenig kurios mutet hierbei immer noch die Tatsache an, daß ich derlei weder wollte noch je geplant habe – ich werde nicht müßig, dies explizit zu betonen. Wie könnte man auch planen, jeden Tag Täglichlaufen zu praktizieren? Zu unkalkulierbar ist der tosende Weltgesang.
Doch die omnipotente Autorin der Zeit und Regentin über das Leben hat dieses einst leere Buch aufgeschlagen, mir edelmütig dargeboten und dementsprechend mit zufriedenen Worten für mich beschrieben und die Seiten nach und nach in der Majorität mit Harmonie und Zufriedenheit gefüllt. Und gerade dieses Nichtwollen von einst, der unbewußte Charakter an dieser Philosophie wie Natürlichkeit – hat sich als eine der wichtigsten Tragsäulen der Grundsätzlichkeit enttarnt, was ich freilich bereits ausführlich behandelt habe. Wie viel Zeit ist seit dem Beginn nur vergangen? Wie lang währt jener Pfad bereits? Auf die schnöden Kilometer bezogen, habe ich längst die Erde umrundet – und ich bin weit, weit darüber hinaus gelaufen – aber was sagen schon törichte Kilometerangaben aus? Nichts. Sie sind per se bedeutungslos. Aber was in ihnen verborgen ist, kann nur ich selbst für mich erkennen: Gesundheit, Zufriedenheit, Glück und Frieden. Welch elementare wie treffliche Beschreibung für das Täglichlaufen.
Die Welt hat sich in den vergangenen Tagen rasant verdunkelt, Sturmmächte zogen drohend auf und rangen wild mit jedem, der es wagte sich ihnen entgegen zu stellen. Ungehaltene Wellen des wütenden Sees peitschten jähzornig an das weiße Ufer, die hohen Baumwipfel tanzten miteinander nach ihrer ureigenen Melodie, die doch niemand versteht und das hehre Blattgewerk säuselte gedankenvoll in den Böen und gab sich dem prosperierenden Blütenzauber hin. Der heutige Lauf war wie immer an einem 18.03. einer latenten Melancholie geschuldet, die sich kongenial mit den Witterungsverhältnissen vereinigte, die mich mit der geliebten Einsamkeit in meine reizenden Wälder begleiteten. Mannigfaltige Impressionen aus der Vergangenheit im Kontext Täglichlaufen werden wieder lebendig, erscheinen höchst real und bleiben doch nur flüchtige Bilder in meinem Geist. Bei aller Freude, bei allem Stolz frage ich mich, wie es mir gelingen konnte, diesen Weg bis heute zu beschreiten. Ich kann dieses Geschenk an mich selbst nur mit Demut annehmen – und mit dem Bemühen, es auch künftig mit aller Sorgfalt zu pflegen. Schlußendlich kann man Täglichlaufen auch nicht verstehen, man kann es nur – ganz banal – leben und das mit allen Konsequenzen. Ein Zaudern, ein Versuchen ist irrelevant.
So vergehen die Tage, die Zeit, die Läufe und das Leben. Ich laufe in die Zukunft und selbige tritt in die düstere Geschichte der Flüchtigkeit ein, aber was bleibt? Die Erinnerung an die Vergangenheit, an erlebte Situationen und manche Ereignisse ragen leuchtend empor in diesem grau wabernden Nebelreich auf und strahlen unablässig weiter, während andere hernieder sinken und mehr und mehr verblassen. Die Natur mit ihren zahlreichen Bewohnern nimmt hierbei ihren ureigenen Stellenwert ein. Ohne sie und meinen unzähligen tierischen Freunden, allen voran meinen Wollies würde ich kaum mehr diesen Stil praktizieren. Doch irgendwann wird auch mein Stil enden, muß enden – dann war es das, mit dem „Gelebten Täglichlaufen“ – die Vergänglichkeit wird dereinst obsiegen und gnadenlos triumphieren. Wie noch stets. Ich selbst werde irgendwann folgen, ebenso im nebulösen Nichts verblassen – wie Staub im Wind. Für immer und immer. Temporäre Existenz.
Aber bis es soweit ist, werde ich so viele Läufe und Tage wie möglich genießen und mich bemühen, exponierte Momente festzuhalten – als die elementare Quelle meiner Selbst, wenn auch nicht jeden einzelnen. Ich möchte nicht einen Tag aus den vergangenen 13 Jahren missen. Selbst die unangenehmsten nicht, auch sie sind Bestandteil des Erlebten, meines Lebens und machen mich zu dem, was ich bin. Ich würde jeden einzelnen Schritt wieder so gehen – das gilt auch für jene, die mich – in welcher Form auch immer – gnadenlos zu Fall brachten und für beträchtlichen Schmerz sorgten. Hier reift der besondere Stolz, solche schmerzvollen Episoden überwunden und die in meinem Leben einzigartige und nicht mehr reproduzierbare „Serie“ fortgesetzt zu haben. Und das ist es, worauf es meiner Betrachtung nach wirklich ankommt. Zu dem stehen, was passiert und nicht mehr zu ändern ist und nicht nur das Schöne, sondern auch das Unangenehme annehmen und nicht negieren. Alles hat zwei Seiten im Leben, nie ist etwas nur positiv – nicht einmal mein Täglichlaufen.
Genug der sinnierenden Worte. Heute ist mein Tag und heute wird würdig gefeiert. Einmal mehr gilt mein inständiger Dank meinen Eltern und Brigitte, ich verneige mich. Es sei Euch versichert, daß ich Euren Zuspruch stets zu würdigen wußte, zu würdigen weiß und immer würdigen werde. Verzeiht mir meine Sturheit und Unvernunft, die ich nicht selten an den Tag lege, aber Ihr kennt mich und wißt, das selbst das Natürliche nicht auf glatten, gebahnten Wegen geschehen kann, was auch gar keinen Spaß machen würde! Und wenn ich erst einmal einen Pfad betreten habe, gehe ich ihn konsequent bis zum Ende, wann, wie und wo immer das sein mag und sich gestalten wird – partiell ohne Rücksicht auf andere Menschen – ich selbst schließe mich hierbei nicht aus, was durchaus eine Bedingung desselben ist. Entsprechend ordne ich manchmal andere Dinge rigoros meinem Täglichlaufen unter, muß sie unterordnen. Es ist mir zu teuer geworden, als daß ich anders handeln könnte, nein, anders handeln will.
Ihr werdet mein Täglichlaufen nie verstehen, tröstet Euch – ich auch nicht. Herzlichen Dank für Eure Nachsicht und Euer Verständnis und wenn ich Euch in den kommenden Tagen, Monaten und vielleicht auch Jahren mit meinem Täglichlaufen hoffentlich nerven werde – und mich selbst freilich auch, so weiß ich doch Eure Milde zu schätzen. Von Zeit zu Zeit frage ich mich, ob ich ebenfalls diese Geduld bezüglich einer derart sturen Person aufbringen könnte, wie Ihr sie mir zuteil werden läßt. Die Antwort liegt noch immer evident auf der Hand, nein! Ergo werde ich mich bemühen, Euch auch in Zukunft ein wenig oder noch viel mehr zu nerven. Weiterhin vielen Dank an den „Doberanner“ Wolfgang, der heute extra einen Lauf für mich absolvieren wollte/will – und an all die treuen Kommentatoren auf dieser Seite für Euren Zuspruch – es ist mir eine Ehre. Gelebtes Täglichlaufen. Ich lebe es, weil ich es liebe und liebe es, weil ich es lebe.
Das vierzehnte Serienjahr kann kommen. Ich bin bereit, das Lied auch zukünftig mit Hingabe zu singen und verharre mit einem Lächeln, irrelevant, was mich erwarten wird. Es beginnt. Jetzt. Gelebtes Täglichlaufen.