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Geliebte Jahreszeiten. Meine Welt.

Posted in Contra Wettkampf, Täglichlaufen. Laufalltag. on 29. September 2009 by Täglichläufer

Frühling. Die allseits geliebte Jahreszeit des munteren Erwachens. Müde räkelt sich die verschlafene Welt und streift frohen Mutes ihr kaltes Winterhemd ab. Prächtig grüne Kleider werden nach und nach Einzug in die mürrischen aus dem Schlaf gerissenen Wäldern halten. Glückliche Gesänge der Vogelwelt allenthalben – sie verzaubern uns und heißen den Frühling willkommen. Sie stimmen das Hohelied des Lenzes an und der Forst erblüht und lebt. Das Prosperieren der Natur läßt sich nicht mehr verheimlichen, der Winter zieht beleidigt von dannen. Steigende Temperaturen. Die Sonne besucht uns vermehrt und kitzelt mit ihren goldenen Strahlen, welche fortwährend wärmer werden und uns mitten im Herz berühren. Mutter Sol läßt uns lächeln. Der Nachwuchs der Graugänse läßt nicht lange auf sich warten und die kleinen possierlichen Putzel spazieren neugierig auf meinem Damm. Erwartungsfroh absolviere ich meine Läufe in meiner Lieblingsjahreszeit. Jeden Tag verändert sich das Leben ein wenig mehr, nichts ist wie es war – alles ist anders – und ich bin täglich dabei. Täglichlaufen und Natur – die natürlichste, evolutionäre Synthese überhaupt.

Sommer. Überall grünt und blüht es. Flora und Fauna sind sich einig und feiern das höchste Gut – das Leben. Erste Wärmeausläufer durchbrechen die 30 C° Marke und eine trockene Hitze dominiert meine Läufe. Zuerst etabliert sich in mir eine Art Widerwillen, doch später gefällt mir die heiße Anstrengung und wenn sie sich am Ende der sommerlichen Zeit verflüchtigt, vermisse ich sie. Die Wälder tragen das ihrige zu einer moderaten Kühlung bei, wenn auch nur bis zu einer gewissen Grenze. Unbarmherzig strahlt die Sonne und lächelt doch ganz charmant. Eine latente Zurückhaltung der Piepmätze läßt sich in der Endphase des Sommers ausmachen. Die Zeit, um die lieben Weibchen für die Fortpflanzung gesanglich zu beeindrucken, neigt sich ihrem Schlußpunkt entgegen. Die Liebe scheint zu versiegen. Aber auch hier existieren heimliche Verschwörer, die sich davon nicht abschrecken lassen und das ganze Jahr über singen. Welch Glück!

Herbst. Goldene wie dunkle Tage werden die Herrschaft über den Augenblick an sich reißen. Licht und Schatten liegen nie so dicht beieinander wie in dieser Jahreszeit. Hochtrabende Glücksgefühle wechseln sich mit düsteren Prognosen ab. Jede Phase hat ihre besonderen Reize, gleichwohl bin ich dem Herbst sehr zugeneigt. Sich ausbreitende Finsternis, expandierende Sturmregimenter, die gemeinsam unheimliche Regenfronten kommandieren und über uns herfallen werden. Am Morgen noch durch wabernden Nebel getarnt – ja, diese Tage kann man nur aus tiefstem Herzen lieben – das ist meine Welt. Sich ausdehnende Frische bei 08 C°, prasselnder Regen und wunderbare Sturmböen – ein gefühlter Traum! Ich liebe es, ein kleiner Teil der von mir beschriebenen romantischen Natur zu sein, wenn der Lauf auch immer nur temporär begrenzt sein mag – der Genuß ist vollendet in seiner Existenz. Freilich haben auch die goldenen Tage ihre lieblichen Reize. Das schützende Blätterwerk wechselt stilvoll seine rauschenden Kleider und wertet sie mit gelbroten Farbtupfern auf. In der Luft tauchen plötzlich Zenturien von Graugänsen auf, allesamt in ihrer spezifischen V-Formation fliegend. Ihre Schatten gleiten lautlos über den Boden, um von meinen Schritten verfolgt zu werden – doch werde ich sie nie einholen. Hoffnungslos. Die Anzeichen des Winters sind nicht zu leugnen.

Winter. Stetig sinkende Gradzahlen, aufziehende Wolken am Horizont. Angetrieben und fort getragen von der kalten Hand des erhaben lächelnden Winters. Nun ist er zurück. Leise rieselnde Schneeflocken, die behutsam den Himmel verlassen und sanft zur Erde gleiten. Immer mehr. Immer schneller. Immer konzentrierter. Der wehende Wind erzeugt Verwirbellungen in der Luft und nach einiger Zeit bedeckt ein weißer Schneeteppich unsere wohlige Welt. Jeder Laufschritt wird in einer eigentümlichen Weise knirschend quittiert – das Leben ist weiß geworden. In den Wäldern sind die Zweige stilvoll mit einem leichten Schneeüberzug dekoriert. Eine dämpfende Glocke hat mein Laufrevier fest im Griff, die klare Atmosphäre sucht ihresgleichen. Zahlreiche Tierspuren im Schnee verraten die Anwesenheit der sonst verborgenen Waldbewohner, jener Wesen, deren Gastrecht ich täglich nur zu gern in Anspruch nehme. Ich weiß es zu schätzen. Die einsame Ruhe ist eine andere – als noch im Sommer oder Frühling – sie ist viel intensiver, ja, fast schon greifbar. Der Winter ist einzigartig.

Das eine bedingt das andere. Alles bedingt alles. Keine Jahreszeit kann ohne die vorhergehende existieren. Der Lauf der Welt – fest ineinander verwoben, wenngleich sich diverse Zusammenhänge unserem doch arg beschränkten Geist zu Recht entziehen. Ohne Frühling kein Winter. Aber ohne Winter auch kein Frühling. Als Täglichläufer erlebt man mit jedem Tag einen kleinen Teil dieser beständigen Änderung – was sich letztendlich zu einem Gesamtbild zusammensetzt – dem stimmungsvollen Wechsel der Jahreszeiten. Vor einigen Tagen lief ich auf meinem Damm. Die Sonne wärmte meine schwarze Bekleidung angenehm, ein leiser Wind säuselte vertrauensvoll in mein Ohr. Ich schloß meine Augen einen Moment und gab mich nur den elementaren Empfindungen hin. Für einen vergänglichen Augenblick materialisierte sich vor meinem geistigen Auge das unglaubliche Läuferfeld des Berlin-Marathons, welche zur gleichen Zeit liefen. Ich stellte mir vor, wie es wäre dort mitzulaufen – Abertausende Menschen um einen herum, mitten in der Stadt auf Asphalt ein riesiges Gedränge – der Charakter eines laufenden Volksfestes mit lauter Musik und kreischenden Menschen.

Nicht meine Welt. Ich öffnete die Augen und glücklicherweise umgab mich nur die geliebte Einsamkeit. Vollkommen allein in der Natur. Die faszinierende Stille in der konzentrierten Ruhe. Abgeschiedenheit. Eloquentes Fühlen in meinem romantischen Laufareal, vorbei an zärtlichen Weihern, leicht biegsamen Schilf und an grün verklärten Wäldern. Das Rauschen der Wellen wahrnehmen, die nassen Wogen begrüßen und die peitschende Gischt des Sees beobachten. Melancholisch die geschwungenen Wolken am Horizont verfolgen. Innehalten und nur die pure Natur, sich selbst und das Laufen genießen. Dort wächst die Harmonie und Zufriedenheit. Allein. Zu jeder Jahreszeit. Jeden Tag. Willkommen in meiner Welt.

Laufen bedeutet Harmonie

Posted in Contra Wettkampf on 9. April 2008 by Täglichläufer


Ich bin natürlich ein großer Verfechter des täglichen Laufens oder dem sogenannten Streakrunning und kann diese spezielle Laufform nur empfehlen, weil sie einfach natürlich ist. Laufanfängern würde ich dennoch davon abraten, da Täglichlaufen eine gewisse Konstitution und Erfahrung voraussetzt. Nichtsdestotrotz erfüllt es mich mit Stolz, wenn eine Laufanfängerin gleich zu Beginn sich mit Täglichlaufen näher beschäftigt und einfach aus dem Nichts 23 Tage durchhält. Liebe Brigitte, meinen Respekt vor dieser Leitung und Deinem Willen & Disziplin – ich bin sehr stolz auf Dich!

Bisher habe ich jegliche Laufwettkämpfe für mich abgelehnt. Trotzdem verfolge ich, vor allem lokale Wettbewerbe in den Medien und interessiere mich auch für Zeiten und Distanzen. Und dank Margitta dachte ich ernsthaft über diese Thematik nach und schloß eine Teilnahme nicht mehr explizit aus, wenn auch erst nach dem Ende meiner aktuellen Serie. Vor ein paar Tagen verfolgte ich einen Bericht über den Berliner Halbmarathon, mit seinen gut 16.000 Teilnehmern. Zwar nicht so imposant wie der Marathon im September, dennoch sehr beeindruckend. Als ich den Start beobachtete, wurde mir schlagartig bewußt, daß eine dortige Teilnahme genau das Gegenteil ist, wofür ich stehe. Dieses Gewusel am Anfang – wie soll man da seinen eigenen Stil finden, seine Geschwindigkeit? Ich kann mir nicht wirklich ein Bild erlauben, war ich doch noch nie dabei. Dennoch, das ist nicht meine Welt.

Ich lief heute 15 Kilometer bei 08 C° im strömenden Regen. Bis auf ein Nordic-Walker Ehepaar, welches ich zweimal traf, war ich allein in der Natur unterwegs. Meine Konzentration auf mich selbst gerichtet, auf meinen Körper und auf die Natur. Ich liebe es, nur für einen Moment, die Augen zu schließen und nur die Natur zu hören und zu spüren – den Wind und den Regen im Gesicht zu fühlen. Störende Gedanken werden verbannt, ich genieße einfach den Lauf. Harmonie. Ich bin mit mir selbst im Einklang. Laufen bedeutet Harmonie. Ich liebe es zu Laufen.

Wie könnte ich dieses Gefühl empfinden, wenn neben mir weitere 16.000 Läufer sind? Und habe ich das Bedürfnis 40 Kilometer zu laufen, ich tue es einfach. Einfach so. Aus mir wird kein Wettkampfläufer mehr – ich bin und bleibe ein Naturläufer. Welch Glück!

Contra Wettkampf

Posted in Contra Wettkampf on 31. März 2008 by Täglichläufer

Im letzten Jahr behandelte ich verkürzt das Thema „Wettkampf“. Ich stellte eine Vertiefung der Thematik in Aussicht, die ich nun umsetze, zumal ich heute erst von einem Walkerpaar gefragt wurde, auf welches Ziel ich so eifrig trainieren würde.

Die folgenden Worte beziehen sich auf meine Person. Wer Wettkämpfe bestreitet, welcher Art auch immer und dafür hart trainiert, tolle Zeiten etc. erreicht, verdient Bewunderung und hat meinen vollsten Respekt. In einer anderen Sportart habe ich vor vielen Jahren selber Wettkämpfe bestritten und ich besitze heute noch die Urkunden & Medaillen. Von daher kann ich die Gefühle, die einem in der Wettkampfsituation beherrschen sehr gut nachvollziehen.

Dennoch lehne ich Wettkämpfe im Laufen für mich kategorisch ab. Ein sklavisches Anhängen nach Zeiten betrachte ich als Zeitverschwendung. Warum? Es widerspricht meiner Konzeption und Vorstellung eines täglichen Trainings für Körper & Geist. Mein tägliches Programm betrachte ich als einen Weg der Selbstdisziplin und Selbsterkenntnis, mit all ihren vielfältigen Aspekten – jeden Tag neu. Jeder Mensch hat andere Möglichkeiten, Fähigkeiten und Voraussetzungen, ich sehe also keinen Sinn in einem Vergleich der Leistungen durch einen Wettbewerb. Der Wettkampf findet sozusagen in mir selbst statt, mein Programm Tag für Tag neu durchzuziehen. Laotse brachte es mit „Der Weg ist das Ziel“ auf den Punkt.

Wettkämpfe würden diesen Weg nur stören. Aus diesem Grund ist für mich die Fokussierung auf Zeiten obsolet. Somit steht meiner Konzentration auf mich selbst und meiner Umwelt – in erster Linie, der Natur, nichts im Wege. Folglich schließe ich auch Trainingspläne aus, denn woher will ein Plan wissen, was mir gut tut? Der einzige, der das wirklich weiß, ist mein Körper und diesem vertraue ich absolut. Ich lief heute 18 Kilometer bei 14 C° in allerschönster Natur – ein Genußlauf par excellence – ohne die Konzentration auf Zeiten, sondern nur auf mich und meinen Körper.

Abschließend bleibt zu erwähnen, daß meine Worte mein aktuelles Denken widerspiegeln, welches sich irgendwann vielleicht in die entgegen gesetzte Richtung entwickeln kann. Wer weiß schon, was die Zukunft bringen wird.

Beim Wettkampf ist nicht mehr der Mensch, sondern sind Uhren des Menschen Maß. Dem Griechen lag der Gedanke fern, daß Sekunden Wert haben. Er wollte sich mit Menschen, vielleicht sogar mit Göttern messen, nicht aber gegenüber der abstrakten Zeit.

Ernst Jünger