Archive for the Abhärtung Category

Das eigene Lied im Weltgesang

Posted in Abhärtung on 13. Dezember 2010 by Täglichläufer

Der unausweichliche Kampf begann hoffnungsvoll. Auch war der Kombattant stark, ja, geradezu unheimlich gewaltig – mit einer latenten Arroganz. Tag für Tag wurde das geheimnisvolle Duell geführt; die Schwerthiebe des stets entspannten Gegners wurden jedoch mächtiger, im gleichen Maße schwand die einstige Überheblichkeit. Nun ist es besiegt. Fast. Das Jahr 2010. Es liegt röchelnd danieder und wird nur noch wenige Züge des Lebens atmen. Besiegt von einer omnipotenten Meisterin, die uns früher oder später alle in die endgültigen Schranken weisen wird. Wir bezeichnen sie als Zeit. Das Jahr ist Geschichte; ich werde nur noch wenige Beiträge schreiben. Mein üblicher Monatsrückblick, der traditionelle Weihnachtsartikel und der große Jahresrückblick werden folgen. Vielleicht. – – –

Als sich der September seinem natürlichen Ende entgegen neigte, nahm ich die ersten Änderungen wahr. Zahlreiche Läufer paßten ihre Bekleidung dem sich noch nicht nähernden Winter an und präferierten lange Hosen, Mützen und partiell sogar Handschuhe. Jener Zeitpunkt scheint von Jahr zu Jahr früher einzusetzen. Und wie in jedem Jahr fragte ich mich, was werden diese laufenden Menschen, die Welten von der adäquaten elementaren Verhältnismäßigkeit entfernt sind – im Winter tragen? Im wirklichen Winter? Bei wahrer Kälte? Hierbei handelt es sich um rhetorische Fragen – das ist mir bewußt. Die „Laufsaison“ ist doch beendet, höre ich jetzt öfter. Entsprechend traf und treffe ich nur noch wenige Läufer während meiner täglichen Runden, Tendenz weiter sinkend; womit sich meine wunderliche Frage freilich beantwortet hat. Es wird gar nicht mehr gelaufen! Schließlich herrscht der Winter und es ist kalt!

Aber was soll das sein, „Laufsaison“? Nach meiner Betrachtung ist derlei blanker Unsinn. Es täte mir von Herzen weh, wenn ich mein Täglichlaufen nach saisonalen Einflüssen definieren und leben würde, was diese Konzeption natürlich ad absurdum führen würde. Selbstverständlich kann man das ganze Jahr über laufen, das liegt evident auf der Hand. Wenn man will. Und gerade jetzt bei den witterungsbedingten Herausforderungen obsiegt die leidenschaftliche Freude. Nachfolgendes Photo zeigt mich nach einem 14 Kilometer-Lauf in der weißen Märchenwelt, nur begleitet von einem stürmischen Schneefall, der seinesgleichen suchte. Ein unglaublicher Traumlauf, den ich nicht im Ansatz beschreiben kann und will. Für diese Emotionen, der wunderbaren Natur geschuldet, existieren keine Wörter. Was hätte ich mit der obigen Pseudoargumentation für einzigartige Momente verpaßt! Mit der Ausrede vom kalten Winter! Ausgerechnet jetzt, in der eisig lieblichen Jahreszeit reizt die Natur mit grandiosen Bedingungen allenthalben.

Die Glatteisthematik lasse ich in diesem Kontext außen vor, diese Widrigkeit stellt eine Besonderheit dar, die man aber auch meistern kann – wenn man denn will. Demungeachtet ist es wahrscheinlich weiser, sich der glatten Herausforderung nicht hinzugeben. Ich hingegen wähle diese Option nicht, das versteht sich von selbst, was mich aber nicht weiter stört. Die Unvernunft einer Sache ist kein Grund gegen ihr Dasein, vielmehr eine Bedingung desselben, so Nietzsche. Auch bei diesen Verhältnissen genieße ich mein Täglichlaufen und ja, soweit als möglich (bis ca. -04/-05 °C) bevorzuge ich meine übliche Standardkleidung. So erfahre ich momentan eine erhöhte Aufmerksamkeit, die die tägliche Präsenz in den Hintergrund verbannt – ganz banal auf Grund meiner Bekleidung. Die verständnislosen Kommentare und Reaktionen aus den vergangenen Tagen erspare ich mir an dieser Stelle und schließe mit einem Absatz aus einem älteren Artikel, der sich nahtlos hier einfügt.

Das Wissen um angemessene Kleidung scheint abhanden gekommen zu sein. Freilich ist mein Pfad der Abhärtung in Kombination mit Täglichlaufen ein Sonderweg, den niemand in der Form beschreiten wird, ja, auch gar nicht soll. Doch letztendlich sollte eine gewisse Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Wenn ich meinen Körper im Herbst mit Winterkleidung verhätschele, brauche ich mich anschließend nicht wundern, daß ich im Winter krank werde und die Kälte schwer bis gar nicht ertragen kann. Unser Körper ist weitaus widerstandsfähiger als die meisten Menschen auch nur im Ansatz erahnen, doch sie werden es nie erfahren, da sie ihn nicht fordern und somit auch keine Grenzen verschieben werden. Sie sind Gefangene ihrer selbst. Ihres Denkens. Und so setzt es sich fort. Die Passanten starren mich ob meiner kurzen Bekleidung an – und ich wundere mich weiterhin, wie man im Herbst Winterkleidung tragen kann. Jedoch bin ich vermutlich derjenige, der sich wohler fühlt. – Jeder muß das tun, was ihm gut tut. Und jeder muß sein eigenes Lied im Weltgesang singen – wenn er denn eins hat.

Die Macht des Geistes – II.

Posted in Abhärtung, Selbstdisziplin on 2. Juli 2010 by Täglichläufer

Blauer Himmel. Ungetrübter Sonnenschein. Brütende Hitze. Aufgeheizte Wälder. Verdorrte, verbrannte Pflanzen. Ausgehauchtes Leben. Meine Affinität hinsichtlich der Kälte ist kein Geheimnis, wenngleich sich meine Hingabe im Wandel der Jahre doch etwas gemindert hat. Freilich sind jedwede Gedanken bezüglich der Witterungsverhältnisse im Rahmen meiner Täglichläuferphilosophie unangemessen wie sinnlos. Demungeachtet trete ich nach wie vor höchst widerwillig in die verfemte Hitzephase ein. Zu Beginn forderte die ungewohnte Wärme ihren Tribut; ich reduzierte meine tägliche Strecke auf zehn Kilometer und eine wirkliche Freude stellte sich auf Grund der seltenen heißen Herausforderung nicht ein. Im Gegenteil, derart unwillig absolvierte ich seit langem keinen Lauf mehr. Mittlerweile ist die körperliche Anpassung vollzogen – und auch die mentale Harmonisierung ist abgeschlossen. Derzeit genieße ich mein Täglichlaufen wieder mehrheitlich, selbst in der größten Hitze, trotz der intensivierten, solaren Belastung. Ja, ich bin auch geneigt, den Sommer als herrlich zu interpretieren, vorausgesetzt man läßt sich bedingungslos darauf ein.

Im Winter wundern sich permanent die zahlreichen Beobachter, wie ich nur in kurzer Bekleidung der Kälte trotzen kann. Entsetztes Rufen und Nachfragen allenthalben. Obwohl sie seit vielen Jahren nichts anderes sehen und sich daran gewöhnt haben sollten. Und derzeit? Nun staunen die gleichen Menschen, wie ich in der sommerlichen Hitze laufen kann. Das gleiche gilt für Regen, Schneestürme etc. – die externen Zuschauer sind nie zufrieden – körperliche Betätigung scheint in der heutigen Gesellschaft ungesund zu wirken. Jene Menschen werden mich nie verstehen. Es erscheint ihnen fremd, weil sie nicht im Ansatz nachvollziehen können, wozu der menschliche Körper fähig ist. Sie haben ihre Körper nie gefordert und sind sich ihrer – nunmehr verkümmerten, aber nicht verlorenen – Fähigkeiten nicht bewußt. Und eine ähnliche Aktivität, ja, überhaupt eine Regsamkeit etablieren, um somit ein fundiertes Urteil zu bilden? Mitnichten. Sie stehen sich hierbei selbst im Wege, ihre eigene mentale Unzulänglichkeit hindert sie daran, die vermeintlich unüberwindlichen Grenzen ihres Körpers zu erkennen – und zu verschieben. Sie wissen es nicht besser. Und sie wollen es auch gar nicht. Nun, meine Einschätzung mag getrost überheblich anmuten, allerdings sei angemerkt, daß ich aus persönlicher Erfahrung spreche, denn ich war einst genauso. Vor 15 Jahren hätte ich mein heutiges Selbst auch nicht verstanden. Aber Menschen können sich ändern. Bewußt wie unbewußt. Doch man muß lernen es zu wollen, tief aus dem Inneren heraus, sofern man den Weg langfristig beschreiten will.

Entsprechend die bekannten Reaktionen des Publikums. Die Nachbarn kommentierten meine Aktivität am Dienstag, „Das ist doch viel zu heiß!“. Später sah mich ein Ultraläufer, er lächelte mich verständnisvoll an und sprach: „Ich muß heute auch noch laufen“. Selbstredend bin ich kein Ultraläufer, aber es verdeutlicht die differenzierte Wahrnehmung. Zwei Menschen. Zwei verschiedene Rückmeldungen auf den gleichen Anblick; der Winkel des Betrachters. Das ist die symbolhafte Macht des Geistes. Einmal mehr zitiere ich Heinrich Heine, der einst trefflich formulierte, „Die Herrlichkeit der Welt ist immer adäquat der Herrlichkeit des Geistes, der sie betrachtet“. Oder mit meinen damaligen Worten: „Es ist wie mit allen Dingen im Leben; was man ist und was man wird, fängt in erster Linie im Kopf an. Die Macht des Geistes. Sie entscheidet, ob wir schwach bleiben oder stark werden wollen. Ob wir widerstehen oder der Versuchung nachgeben. An uns liegt es. Unser Geist entscheidet – Gedachtes und Nichtgedachtes wird zur Realität. Letztendlich ist jede Entscheidung richtig – doch auch das definieren nur wir selbst. Reißen wir die Grenzen nieder, die wir uns selbst gesetzt haben. Es lohnt sich. Immer. Zu jeder Zeit.“

Nur an uns, an der geistigen Einstellung liegt es, ob wir beispielsweise einen kurz gekleideten Läufer bei Kälte oder das Täglichlaufen in der sengenden Sonne als etwas Besonderes oder als pure Natürlichkeit betrachten. Und ob wir dadurch Rückschlüsse auf den eigenen Körper ziehen und vielleicht sogar Änderungen in Erwägung ziehen – oder eben nicht. Möglicherweise existieren auch gar keine Grenzen. Jedoch, das Erkennen setzt ein Praktizieren voraus. Ich selbst bin mit meinem Körper sehr zufrieden; nach den gemäßen Anpassungsphasen stören mich weder die Hitze noch die Kälte, von individuellen Präferenzen natürlich abgesehen. „Ist das nicht extrem anstrengend bei der Hitze zu laufen?“, wurde ich gefragt. Durchaus. Scheinbar. Aber kann etwas, was man von Herzen liebt, welches Zufriedenheit, Genuß, Harmonie, Stärke und Wohlbefinden und nicht zuletzt Gesundheit generiert – ja, kann das anstrengend sein?

Eines habe ich durch meinen eigenen, natürlichen Weg in den vergangenen Täglichläuferjahren gelernt – fremde Dinge oder Lebenseinstellungen, die ich nicht nachvollziehen kann, beurteile und bewerte ich nicht sofort; von einem inadäquaten Kommentieren ganz zu schweigen, nicht ohne mich damit explizit auseinandergesetzt zu haben. Denn viele Dinge des Lebens erscheinen auf den ersten Blick deutlich und doch kann die wahre Intention dahinter formidabel verborgen und eine divergierende sein. Die Macht des Geistes. Wir sehen, was wir sehen wollen.

Elementare Verhältnismäßigkeit

Posted in Abhärtung, Elementares on 12. Oktober 2009 by Täglichläufer

Herbstliche Frische. Angenehme Luft. Kalte Sturmböen. Liebevolle Regentropfen. Dunkle Wälder. Ein von Wolken dominierter Horizont. Graue Tage in Serie. Mein Lieblingswetter! Und der Winter naht. Er ist schneller da – als manche Menschen sich vielleicht eingestehen wollen. Nun ist die Zeit gekommen, in der ich weniger durch meine tägliche Präsenz im Stadtbild Beachtung finde, sondern mehr auf Grund meiner Bekleidung. Mein Standardoutfit – wie auf den folgenden Bildern zu sehen – präferiere ich bis ca. -05 C°. Sinkt die Temperatur weiter ab – ersetze ich mein T-Shirt durch ein langes Oberteil. Handschuhe trage ich jedoch schon ab 0 C° – die Hände sind ein neuralgischer Punkt und entsprechend empfindlich.

Die Kommentare der Passanten in der kalten Jahreszeit verraten viel über ihr Denken. Das Gros der ungläubig dreinblickenden Beobachter wundert sich, äußert Unverständnis und sie fragen sich, wie ich das nur ertragen kann? Oder warum tue ich mir das überhaupt an? Sie verstehen meine Intention, mein natürliches Handeln nicht. Doch ich verstehe sie ebenfalls nicht. Warum finde ich diese exponierte Beachtung? Und warum ernte ich derart viele Bemerkungen, daß ich ein Buch schreiben könnte? Abhärtung war schon immer ein Bestandteil in meinem Denken, noch vor meiner Zeit als Läufer. Im Rahmen meines Täglichlaufens verbanden sich beide Aspekte, die wunderbar miteinander konvergieren. Den unabänderlichen Wandel der Jahreszeiten mit einem täglichen Lauf zu würdigen, bedingt das persönliche Wohlbefinden eklatant. Beispielsweise reagiert der Körper auf gravierende Temperaturschwankungen weniger sensibel, wobei dies individuell im Grundsatz von Mensch zu Mensch verschieden ist. Ein tägliches Geschenk an Körper und Geist.

Ich sehe jetzt dick eingemummelte Menschen mit Winterjacken, Mützen und Handschuhen – wie weiland vor einem Jahr. Dabei haben wir erst Oktober! Gestern traf ich einen Läufer in langer Bekleidung und Handschuhe. Dies mag angenehm warm sein. Aber ist das bei 10 C° adäquat? Was tragen diese von mir beschriebenen Menschen bei 0 C°? Oder bei Minusgraden? Erwärmt sich der Körper des Läufers nicht? Sie agieren unbesonnen, da die übertriebenen Wärmemaßnahmen ihr Primärziel konterkarieren. Der Körper ist an nichts mehr gewöhnt, er verweichlicht und wird schwach, weil er schlichtweg nicht mehr gefordert wird. Die Folge kanalisiert sich in Erkältungen und Grippenwellen, die vermieden werden wollten – durch Winterkleidung bei 15 C°. Die Menschen haben keinen Zugang mehr zu den elementarsten Dingen des Lebens. Anstatt den Körper zu trainieren, pflegen sie ihn dank übertriebener Maßnahmen krank.

Heutzutage sind groß angelegte Langzeitstudien vonnöten, um anschließend zu eruieren, daß Bewegung für den menschlichen Körper gesund ist – eine Erkenntnis, über die die Menschen sich vor 200 Jahren köstlich amüsiert hätten. Gleichwohl muß man heute forschen, um festzustellen, was eigentlich jedes Kind weiß, respektive wissen sollte. Nicht viel anders verhält es sich mit der sogenannten Abhärtung. Das Wissen um angemessene Kleidung scheint abhanden gekommen zu sein. Freilich ist mein Pfad der Abhärtung in Kombination mit Täglichlaufen ein Sonderweg, den niemand in der Form beschreiten wird, ja, auch gar nicht soll. Doch letztendlich sollte eine gewisse Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Wenn ich meinen Körper im Herbst mit Winterkleidung verhätschele, brauche ich mich anschließend nicht wundern, daß ich im Winter krank werde und die Kälte schwer bis gar nicht ertragen kann. Unser Körper ist weitaus widerstandsfähiger als die meisten Menschen auch nur im Ansatz erahnen, doch sie werden es nie erfahren, da sie ihn nicht fordern und somit auch keine Grenzen verschieben werden. Sie sind Gefangene ihrer selbst. Ihres Denkens. Und so setzt es sich fort. Die Passanten starren mich ob meiner kurzen Bekleidung an – und ich wundere mich weiterhin, wie man im Herbst Winterkleidung tragen kann. Jedoch bin ich vermutlich derjenige, der sich wohler fühlt.

Die Macht des Geistes

Posted in Abhärtung on 5. Januar 2009 by Täglichläufer

Die Armee des Winters ist zurückgekehrt. Unter dem Regiment der Kälte werden die jahreszeitlichen Legionen befohlen. Eis, Schnee und Minusgrade entfalten umbarmherzig und gefühlvoll zugleich ihre faszinierenden Mächte der weißen Winterwelt. Die Natur hat sich festlich in schwanenweiße Kleider gehüllt und die Wege goutieren jeden Laufschritt mit dem so eigentümlichen Knirschen des gefrorenen kristallinen Wassers. Eine Atmosphäre, die mich in ihrer endlosen Schönheit nahezu erschlägt und mir die Sprache raubt. Voller Hingabe koste ich jeden einzelnen Moment dieses Glücks.

Nach einem Jahr trug ich am 03.01. zum ersten Mal wieder eine lange Hose. Für das Gros der Läufer die Normalität – für mich eine absolute Ausnahme. Entsprechend ambivalent meine Gefühle. Einerseits entwickelte sich sofort ein Gefühl des Unwohlseins; gleichzeitig wußte ich die unübliche Wärme durchaus zu schätzen. Doch ich werde diesen, warmen, Pfad der Schwäche nicht beschreiten. Sollte diese Ausnahme zur Regelmäßigkeit werden, fällt meine Philosophie der Abhärtung wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Diesen Weg würde mein Körper mir nicht danken.

2009_januar_schneelauf

Einen Tag später obsiegte die Freude am gewohnten Laufoutfit. Es ist wie mit allen Dingen im Leben; was man ist und was man wird, fängt in erster Linie im Kopf an. Die Macht des Geistes. Sie entscheidet, ob wir schwach bleiben oder stark werden wollen. Ob wir widerstehen oder der Versuchung nachgeben. An uns liegt es. Unser Geist entscheidet – Gedachtes und Nichtgedachtes wird zur Realität. Letztendlich ist jede Entscheidung richtig – doch auch das definieren nur wir selbst. Reißen wir die Grenzen nieder, die wir uns selbst gesetzt haben. Es lohnt sich. Immer. Zu jeder Zeit.

Verweichlichte Gesellschaft

Posted in Abhärtung, Contra Gesellschaft on 8. Oktober 2008 by Täglichläufer

Der Herbst hat das Regiment übernommen und führt mit stürmischer Macht; aktuell durch sonnige Tage unterbrochen. Die Wälder sind bunt geworden, die Temperaturen tendieren in frischere Regionen und sinken weiter. Regen und Sturm werden öfter dominieren. Eine deprimierende Jahreszeit? Nein, nicht für mich. Je ungemütlicher das Wetter, umso mehr Freude erzeugen meine Läufe in freier Natur. Vor ein paar Tagen kam mir ein Läufer entgegen, der aussah, als ob er sich von Sibirien nach Deutschland teleportiert hätte. Zumindest implizierte das seine Kleidung. Angezogen wie im tiefsten Winter, dabei zeigte das Thermometer warme 10 °C an. Symptomatisch für unsere Gesellschaft, die ich nicht nur als faul, bequem und verlogen definiere, sondern auch als verweichlicht. Relativierend sei erwähnt, daß ich freilich nicht explizit diesen Läufer meine, da mir seine Intentionen und Ziele unbekannt sind. In Erstaunen versetzte er mich demungeachtet.

Bereits Ende August begegneten mir die ersten Damen, welche Winterjacken mit Pelzkragen trugen. Im August! Zu Strickmützen bei 35 °C sage ich schon gar nichts mehr. Derzeit springen mir im Stadtbild Mützen, Handschuhe, Stiefel und Rollkragenpullover ins Auge. Verrückte Welt. Die Folge kann man wunderbar in öffentlichen Verkehrsmitteln beobachten. Husten, Schnupfen und Heiserkeit. Diese verhätschelten Körper kommen nicht mehr mit den jahreszeitlich bedingten Temperaturschwankungen zurecht. Wie auch? Wenn der Körper nicht trainiert wird, verkümmert er. Das trifft nicht nur auf Körper und Geist zu, sondern auch auf unser Immunsystem. Unser Kälteempfinden möchte auch gefordert werden. Wie kann man sich dem besser anpassen, als sich regelmäßig den Wetterverhältnissen auszusetzen? Und wenn es „nur“ Spaziergänge sind.

Ich gebe zu, daß ich auf Winterjacken im Sommer besonders sensibel reagiere, weil Abhärtung für mich essentiell ist. Natürlich verlange ich nicht, daß man mir nacheifert und bei Minusgraden in kurzer Bekleidung durch die Natur läuft oder Jahre lang kalt duscht. Mitnichten. Darum geht es auch nicht. Sich den Temperaturen in angemessener Kleidung anzupassen, ist sinnvoll und vernünftig; weiterhin ist dieses Empfinden immer subjektiv. Nach meiner Bundeswehrzeit habe ich mir auch geschworen, daß ich nie wieder in meinem Leben frieren möchte. Jedoch, eine gewisse Verhältnismäßigkeit sollte, in meinen Augen, gewahrt bleiben. Wenn ich schon bei 20 °C so tue, als ob -10 °C herrschten und meine Kleidung entsprechend aufrüste – was tue ich im wirklichen Winter? Was ziehe ich dann an? Und wie reagiert der Körper bei wahrer Kälte? Zugegeben, die Chancen für einen richtigen Winter, wie er früher einmal war, stehen eklatant schlecht – unserem planetaren Klimavernichtungsfeldzug sei dank (Ironie). Letztendlich erreichen diese Menschen genau das Gegenteil von dem, was sie sich erhoffen.

Man kann alles maßlos übertreiben, selbst die banalsten Dinge – wie adäquate Kleidung. Ich freue mich auf die Blicke, wenn ich in der Kälte in kurzer Bekleidung laufen werde. Wie kann man nur? Ich kann es. Grippe? Noch nie erlebt. Erkältungen? Sehr selten. Die meisten Menschen unterschätzen ihre verborgene Konstitution, ihre Fähigkeiten. Mögen sie ihre Körper kennenlernen.

Schach, aber nicht Schachmatt

Posted in Abhärtung on 16. Dezember 2007 by Täglichläufer

Nach meiner Planung sollte jetzt ein Eintrag über einen nächtlichen Waldlauf mit oder ohne Wildschweinkontakt erscheinen, aber wie das so ist im Leben: Wer Pläne macht, plant zweimal. Zum einen hat sich mein Vorhaben aus zeitlichen Gründen zerschlagen, zum anderen hat mich eine Erkältung erwischt.

Vor einer Woche weilte ich auf einer Familienfeier. Im Gegensatz zur Begrüßung, die distanziert ablief, weil mehrere Personen erkältet waren, war die Verabschiedung in der Nacht, im angeheiterten Zustand, ein einziges Drücken und Herzen. Ich befürchtete das Schlimmste, glücklicherweise steckte ich mich nicht an. Zu früh gefreut! Donnerstag abend hat mich innerhalb von 20 Minuten ein Schnupfen ergriffen, der von jetzt auf hier ausbrach. Unglaublich. Ausgerechnet ich!

Nach einer unruhigen, schlaflosen Nacht stand ich gestern früh auf, lief um 06:00 Uhr los und habe mit Müh und Not zwei Kilometer absolviert, in einer Zeit, in der ich sonst das Doppelte laufe. Ich war erleichtert, als ich diese Quälerei hinter mich gebracht habe.

Wie paßt nun die Erkältung in meine vor einiger Zeit publizierten Worte zur Abhärtungsthematik? (>Abhärtung) Nach meiner Auffassung schließt sich das nicht aus. Ich bin ohne Frage abgehärtet und werde selten krank, das Wort Grippe ist mir unbekannt. Dennoch, ich bin nicht Superman und nicht unverwundbar. Und hin und wieder muß mein Immunsystem trainiert werden, ergo kann bzw. muß ich das positiv betrachten.

Jedenfalls lasse ich mich von einer Erkältung nicht unterkriegen. Ich nehme keine Medikamente, dusche kalt, trinke Wasser aus dem Kühlschrank, und laufe weiter in kurzer Bekleidung, wenn auch nur kurze Distanzen. Und ja, ich gebe es zu, im gesunden Zustand fällt das alles leicht, derzeit kostet es sehr viel Kraft und die Versuchung einzuknicken, ist nicht unerheblich.

Heute lief ich bei -01 C° fünf Kilometer, natürlich in kurzen Sachen. Wenn ich auf lange Bekleidung umsteige, ist mir das hier ein Extraeintrag wert. 😉 Ich bin also in zwei Tagen ganze sieben Kilometer gelaufen. Das habe ich seit Jahren nicht geschafft und ich merke bereits jetzt, wie mir die adäquaten Distanzen fehlen. So lange ich gesundheitlich angeschlagen bin, werde ich nur ein Minimalprogramm laufen, ganz so unverbesserlich bin ich nun doch nicht (*zu meiner liebsten Mama wink*).

Was mich jetzt besonders freudig stimmt, liegt in der Tatsache begründet, daß mein Geschmackssinn zurückgekehrt ist, denn zwei Tage nichts riechen und schmecken, ist wirklich fatal!

Ich wünsche all meinen Lesern einen schönen dritten Advent und bleibt gesund!

Die eingebildete Kälte – Alles ist relativ

Posted in Abhärtung on 27. November 2007 by Täglichläufer

Heute hatte ich eine Begegnung, welche mich inspiriert die Problematik des Abhärtens noch einmal zu thematisieren – am Ende dazu mehr. Um den Titel zu unterstreichen, ein kleines Beispiel: Wenn ich mich unter die eiskalte Dusche stelle, mag das Wasser im ersten Moment frisch erscheinen. Laufe ich 13 Kilometer bei 0 C° in kurzer Bekleidung und dusche anschließend erneut eiskalt, so kommt mir das Wasser von Anfang an sehr warm vor. Ergo, alles relativ!

Zu meinem Training zählt auch das Abhärten, welches sich wie die anderen Teile mehr oder minder von selbst entwickelt hat. Ein gewachsenes Programm sozusagen. Dazu gehört das Laufen in kurzen Hosen und T-Shirt (keine Handschuhe) bis -04/05 C°. Wird es kälter, steige ich selbstverständlich auf eine adäquate Laufbekleidung um. Natürlich laufe ich in diesem Outfit keine 25 Kilometer, aber meine Standarddistanzen bis zu 12-14 Kilometer sind praktikabel. Der Wind spielt natürlich auch eine gravierende Rolle in bezug auf die Distanz. Mich hat interessiert, inwieweit mein Körper diese Temperaturen ertragen kann. Ein Selbstversuch bei -09 C° hat mir meine Grenzen aufgezeigt, was ich mit Sicherheit nicht noch einmal versuchen werde, da die Erfahrung durchaus unangenehm war.

Fakt ist: Es tut mir gut, ich fühle mich wohl dabei und mein Immunsystem ist trainiert. Beispielsweise hatte ich noch nie eine Grippe. Wenn ich mich so umgucke, sind die Menschen, die bei 13 C° schon Mützen und Schals tragen, die Ersten, die eine Erkältung bekommen, schlichtweg weil ihr Körper „verweichlicht“ ist.

Zum Schluß noch ein Extrembeispiel: Heute früh sah ich einen Läufer in seeehr kurzen Hosen, ein Tuch auf dem Kopf und FREIEM Oberkörper. Bei 0 C° wohlgemerkt (bei -05 C° läuft er ebenfalls so). Es existiert also immer jemand, der noch extremer ist.

Der Mann hat meinen größten Respekt!