Nur ein Hauch

Graufinster verhalten erwachte der Tag und bot genußvolle Impressionen in Weiß, die ihresgleichen suchten. Uneins waren die Witterungsmächte und debattierten zurückhaltend, ob es Regen oder Schneefall geben soll und so entschieden sie sich für eine herrliche Kombination; freilich wurde nur ein Hauch kanalisiert – in beiden hernieder tanzenden Elementen der Harmonie. In tiefer Freude absolvierte ich meinen heutigen Lauf, indessen der Schnee unter meinen Schuhen knirschend antwortete. Niemand vor mir betrat heute die Wälder – die Schneespuren, die doch nicht existierten, bewiesen dies eindrücklich. Was bot sich mir für ein traumhaftes Winterbild? Geschlossen hatten alle Baumgesellen ihre prachtvollen weißen Gewänder angelegt und jeder einzelne Astarm war mit einem Hauch von Schnee ausstaffiert, edelzärtlich verziert – ebenso alle weiten Pfade des Forstes.

Nun schreibe ich wiederholt von Schnee – meine bajuwarischen Verwandten würden in lautes Gelächter ausbrechen – über das, was ich als „Schneewelt“ interpretiere. Die Herrlichkeit der Welt ist immer adäquat der Herrlichkeit des Geistes und ja, schließlich bin ich ein Preuße – da darf und muß der wertende Maßstab ein anderer sein. In meinem Laufareal obsiegte die Einsamkeit absolut – nicht ein menschliches Wesen sollte ich erspähen; so konnte ich mich in dieser Abgeschiedenheit traumgleich verlieren und den wahren Genuß leben. Ein Lauf dieser Art ist selten geworden, wahre Winter gehören der Vergangenheit an. So wird dieser Tag eine besondere Position in meiner Erinnerung einnehmen. Strahlendweiße Schneewelten, eine knirschende Weite vereint mit gehaltvoller Einsamkeit der greifbaren Ruhe in Einzigartigkeit geboren und wertgeschätzt mit einem Lauf, der nie hätte enden dürfen. Nur ein Hauch von Schnee und doch war darin das Glück des Lebens darin verborgen.

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