Von einem Schreckgespenst, der Sonne, Schafbabys und Sex

Mein Laufbericht bezieht sich auf den gestrigen Feiertag. Der Tag stand im Zeichen der Sonne, die Wolken machten sich rar und boten einen blauen Himmel feil. Die meisten Menschen suchten ihr Heil in der Natur, in erster Linie in der Nähe des Wassers. Nicht wenige mit ihren Yachten auf spritzigen Gewässern. Am frühen Morgen startete ich meinen Lauf und bereitete mich mental auf die Verlustmeldung meiner so geliebten Einsamkeit vor – die Bestätigung ließ auch nicht lange auf sich warten. Der Blick auf den See offenbarte feinste blaue Schattierungen von leisen Wellen, die vom zarten Wind angetrieben wurden. Am Horizont verschmolzen jene Farbtupfer des Wassers mit dem beruhigenden Blau des Himmels. Dazwischen weiße Punkte der Auflockerung, den Segelbooten geschuldet.

Direkt nach der Brücke erkannte ich einen Nachbarjungen, der seinen Hund ausführte. In der Regel hört man mich nicht beim Laufen, so daß meine Begrüßung einen immensen Schreck auslöste. Wahrscheinlich kamen für ihn die Worte aus dem Nichts, entsprechend erbost war er. Nicht ahnend, daß noch weitere schreckhafte Kandidaten unterwegs waren, die nur auf mich warteten, setzte ich lächelnd meinen Weg fort. Das grüne Blätterwerk ist durch den Frühling längst geschlossen; alleeartig bewegen sich die Wege durch die Wälder. An ausgewählten Stellen ist selbst der Himmel komplett verdeckt, nur vereinzelt blitzten blaue Punkte auf. Doch die wahre Aufmerksamkeit zieht die Sonne auf sich, indem sie mit ihren goldenen Strahlen die Baumkronen durchbricht – schwertartig durchstoßen die Solpartikel leuchtend die Aura der anheimelnden grünen Welt. Als Täglichläufer an diesem kongenialen Spektakel teilhaben zu dürfen, bedeutet eine große Gnade. Schritt um Schritt obsiegt die Freude und durchflutet meinen Körper voller Glück.

In der Ferne begrüßt mich lauthals ein Kuckuck, der meine Anwesenheit allen Waldbewohnern ankündigt, so daß die Graugänse mit ihren Küken mich in Empfang nehmen können. Ich freue mich über dieses muntere Willkommensgeläut, welches erst zum zweiten Mal in diesem Jahr stattfindet. Quakende Frösche allenthalben flankieren den Damm – geschäftig diskutieren sie, wer die schönste Froschdame sei. Auf den Bäumen sitzen die Drosseln und stimmen lebensbejahend in den würdevollen Kanon der Natur ein. Natur. Was ist schöner als die Natur? Der Damm indes, ist bereits von zahllosen Menschen bevölkert. Zu diesem Zeitpunkt dominieren noch die Hundehalter, die mir allesamt bekannt sind. Alle paar Meter wird freundlich gegrüßt. Einem Fischreiher wird das bunte Treiben augenscheinlich zu viel – meckernd zieht er von dannen.

Später verlasse ich meinen geschätzten Damm und trete tiefer in die dunkle Welt der Wälder ein. Vor mir taucht ein Mann auf, sein Fahrrad lehnt an einem Baum – und schon ist es passiert, er zuckt zusammen und ich kann Person Numero zwei auf meiner nicht vorhandenen Liste erfassen. Weiter geht es über sandige Wege; die Natur dürstet nur so nach Regen, seit Wochen fiel kein belebendes Naß vom Himmel. Dessen ungeachtet wachsen die Gräser ohne Unterlaß und schießen in die Höhe. Diverse Pfade werden demnächst aus meinem Programm fallen – in das Unterholz wage ich mich auf Grund der latenten Zeckengefahr nicht. Plötzlich erspähe ich knapp 50 Meter vor mir erneut den Mann – diesmal auf seinem Rad fahrend. Bis auf zwei Meter nähere ich mich ihm, als ich beschließe ihn vorher anzurufen. „Nicht erschrecken“ rede ich ihn an und überhole. Er dankt es mir. Auf einem Grundstück begutachten zwei Damen ihre Pflanzen; nachdem ich die Gartenfreundinnen passiert habe, höre ich: „jeden Tag, jeden Tag!“. Unschwer zu erraten, daß nicht ihre Blumen gemeint sind – auch wenn ich dieser Worte höchst überdrüssig bin, nehme ich sie hin.

Ich nähere mich dem Schafgehege und kann einfach nicht vorbeilaufen. Ein süßer Bannstrahl erfaßt und zwingt mich zum Halten. Denn mittlerweile bevölkern zwei weitere Schafbabys unsere Erde. Am 01.05. sah ich das vierte Nachwuchsschaf, welches mich völlig verblüffte. Offensichtlich ist es erst einen Tag alt. Direkt hinter dem Zaun stehend, guckt es mich neugierig an. Es ist ebenso süß und knuffig wie seine drei Geschwister. Es springt umher, wißbegierig, was das Leben an Überraschungen bereithalten mag. Eine wahre Freude, dem Treiben zuzusehen! Ich trete endgültig den Rückweg an und bewege mich in Richtung der Zivilisation, während mir ein Läufer entgegen kommt. Es folgt eine kurze, aber umso freundlichere Begrüßung. Unterdessen neigt sich mein Lauf dem Ende zu. Die Brücke erklimmend, absolviere ich die letzten Meter. Die Dichte der Radfahrer steigt exponentiell an, was ich nur zu gut verstehen kann. Was ich jedoch nicht nachvollziehen will, daß einige Exemplare auf dem Fußweg fahren müssen. Bevor ich die Rad fahrende Frau vor mir überhole, warne ich sie streng: „AAAACHTUUUUUNG! – sie zuckt merklich zusammen; ich ziehe vorbei und weise die Dame daraufhin, daß sich der Fahrradweg links von ihr befindet. Das gleiche Spiel folgt mit ihrem Mann, der vor ihr radelt. Auch ihn ermahne ich, erhalte jedoch keine Antwort.

Wohlan, so endet er also – mein erster Lauf im Wonnemonat Mai. Ein wahrhaft grandioser Lauf, trotz der verlustigen Einsamkeit konnte ich ihn genießen. Einmal mehr habe ich mich als Schreckgespenst bewiesen – Fortsetzung folgt. Die Natur umarmt all jene, die ihr charmant die Aufwartung machen. Sommer, Sonne und Täglichlaufen – eine schöne Kombination.

Ach ja, mein Titel impliziert vier Inhaltspunkte – was ich auch nicht schuldig bleiben werde. Folgendes Bild muß ich nicht kommentieren, es ist aussagekräftig genug. 😀

24 Antworten to “Von einem Schreckgespenst, der Sonne, Schafbabys und Sex”

  1. Puhhhh! Ich dachte nun bei der Überschrift, dass du mir fremd gegangen bist!! 😉 Ob es da nun neue süsse Kätzchen gibt?!

    Irgendwie schaffst du es immer wieder Menschen zu erschrecken – mich nun eingeschlossen *lach*.

    Ein wunderschöner Bericht und ein herziges Bild!

    *HDL*

  2. 😀 Ein geniales Photo! Die Nachwuchsmiezekatzies werden sicher mehr als süß! 🙂

    *knuddel*

    Wenn man mich nicht hört, bekommt man eben einen Schreck – wer denn schreckhaft ist. 🙂

  3. Tja, wenn der Wonnemonat Mai beginnt lassen halt einige ihren Trieben freien Lauf! 😉
    Schönes WE!

  4. So ein Schreckgespenst bist du nun doch nicht, dass da alle so zusammenzucken müssen *g*. Aber wenn du dich so von hinten anschleichst eventuell kein Wunder.

    Ich habe den Bericht (weil er so schön ist) nochmal gelesen. So viel Freude am Laufen und der Natur kann man herauslesen. Es ist eine Freude. Aber ich warte immer noch auf… ! :p

    Hoffentlich ist dein jetztiger Lauf genau so schön! Ich wünsche es dir.

    Dass Radfahrer oft nicht den vorgeschriebenen Weg nehmen ist hier auch so. Da kannst nichts dagegen machen. Leider.

  5. Gerd, der Frühling macht es möglich.

    Brigitte, das meine ich auch! Zumal ich meine Sturmhaube gar nicht trug. 😉 Da die meisten Menschen nicht damit rechnen, ist mein Verhalten auch egal. Ob ich sie warne oder nicht, einen Schreck kriegen sie dennoch.

    Was lange währt, wird gut! 🙂

    Der heutige Lauf war nicht berauschend. Um nicht zu sagen, langweilig! Die Radfahrer werden sich wohl schon daran erinnern, bilde ich mir jedenfalls ein.

  6. Also jetzt hast du wirklich einen richtig schlechten Eindruck bei mir hinterlassen. Erst erschreckst du unschuldige Kinder mit unschuldigem Hund, als wenn das nicht reichen würde, kommen auch noch die Radfahrer dran…und das Höchstmaß an schlechtem Eindruck: Die armen Katzen dürfen nicht mal unbeobachtet Sex haben…werden dabei sogar noch abgelichtet. Ich bin entrüstet!!!!

    *laaaaaaaaaaach* Alles nicht ernst gemeint *knuddel*…man hört deine Freude über einen (wieder einmal) guten Lauf förmlich heraus. Und ja, Lämmer beobachten könnte man stundenlang. Grad wenn sie übermütig über eine Wiese springen.

  7. Anett, jetzt wo Du das so sagst, hm, Du hast Recht! Den Bericht muß ein ziemlicher Rüpel verfaßt haben. Vielleicht erwische ich den eines Tages! 😀

    Der gestrige Lauf war wirklich genial, der hat so richtig Spaß gemacht. Das kleinste Lämmlein hat mich heute lieb begrüßt, die anderen übten gediegene Zurückhaltung. Ich liebe die Putzels einfach!

    Ich hoffe, der schlechte Eindruck ist nicht bleibend, gell? 😉 Aber die Radfahrer hatten es verdient!

  8. Endlich hinterlässt du mal einen schlechten Eindruck. Das ist sehr gut, damit man dich nicht immer so als *Heiligen* hinstellt *hähähähä*.

    Ich liebe solche und andere Putzels auch!

  9. So lange der schlechte Eindruck nicht von Dauer ist. Vielleicht revidiert Anett ja ihre Meinung, wenn sie das Bild von Lumpatz sieht. 😉

  10. Oha…Bild vom Lumpatz??? Wo? *lach*
    Weißt du, solang du MICH nicht erschreckst….

    Ist mir aber auch schon passiert…ich komm von hinten, sprech die Leute an und sag, das sie nicht erschrecken sollen und was passiert: Die arme Frau zuckt sowas von zusammen.*gg*
    Ich glaube kaum, das du jemals einen schlechten Eindruck hinterlassen kannst…

  11. Hehe, Anett, noch ist es nicht da. 😀 Demnächst, wenn mir nichts wieder dazwischen kommt, als da wären süße Katzis! 😉

    Ja, wie man handelt, es ist falsch. Einmal sprach ich auch eine Frau an und sie meinte dann zu mir – ganz cool – „sie aber auch nicht! (erschrecken)“. Vielleicht wäre eine Art Rundumleuchte mit Warnton für Läufer zu empfehlen.

    Ich bemühe mich, schlechte Eindrücke zu vermeiden, wenn denn eher bleibende. 🙂

  12. Ach lieber Marcus,
    ist das wieder ein schöner Lauf-Genuss-Brericht! Und die Überschrift hat mich ja richtig neugierig gemacht…. 😀
    Da können wir uns ja jetzt schon auf die Fotos von den ganz süßen Katzenbabies freuen, oder?
    Danke einfach fürs virtuelle Mitnehmen und erschrecke zukünftig nicht mehr so viele Leute 😀 :D:D

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
    Petra

  13. Der Lauf war auch ein Genuß, Petra!

    Neugierig? Vor allem das letzte Wort in der Überschrift, deucht es mir. 😀 😉

    Ich bemühe mich in Zukunft weniger Menschen zu erschrecken, doch leider entzieht sich dies meinem Einflußbereich. Dennoch, ich gelobe Besserung! 😉

    Ebenfalls ein wunderbares WE!

  14. Ein wunderbarer Start in einen hoffentlich ebenso tollen Monat.
    So schön, dass du dich auch von den vielen Ruhestörern nicht mehr nerven lässt 😉

  15. Wenn mir die „Ruhestörer“ auch nicht wirklich gefallen, stören oder nerven – können sie mich letztlich doch nicht. Ich bin ja eh schneller. 😉

  16. Hallo, Marcus

    da entdecke ich wieder einmal Gemeinsames: das leise. unbemerkte Laufen, das Menschen, die nicht mit ihren Artgenossen rechnen, erschrecken lässt.

    Gute Läufer laufen leise habe ich irgendwann einmal gelesen, und ich versuche auch meinen Lauflernwilligen davon zu überzeugen, dass sie sich möglichst leise und ökonomisch fortbewegen, ein schöner Anblick, eine Läuferin oder einen Läufer zu begegnen, die du überhaupt nicht vernimmst, weder durch ihre Schritte, noch durch den nicht hörbaren Atem, und so passiert es immer wieder, dass man Mensch und auch Tier ungewollt erschreckt.

    Schöner Tag, man kann alles sehen, hören, was du beschrieben hast mitten aus dem Läufer-Leben, was jeder Läufer erleben darf, wenn er aufmerksam durch unsere Welt zieht.

    Danke ! 8)

  17. Uiuiui – ein „Katzenporno“ bei Marcus… 😉

    Mit dem Erschrecken das kenne ich auch gut. Das passiert mir manchmal aber auch umgekehrt, wenn ich Radfahrer von hinten nicht höre.
    Dann macht man schon mal unorthodoxe Sprünge zur Seite. 🙂

  18. Lieber Marcus,

    ich fürchte Deine Seite wird in den nächsten Tagen mehr traffic haben, denn Du hast eines der meistgesuchten Wörter in der Überschrift und „sex sells“ 😉
    Auch ich kenne diese schreckhaften Menschen, die zusammenzucken, egal ob man sie anruft oder versucht lautlos an ihnen vorbei zu laufen. Ich selbst nehme mich da übrigens nicht aus, bin auch schon das eine oder andere Mal zusammen gezuckt, als ich lautlos überholt wurde.

    Lass es Dir gut gehen und nicht so viel Voyeurismus 😎

    Salut

    Christian

  19. Margitta, nur der Untergrund verrät mich manchmal; das Rascheln der Blätter oder Äste, die im Weg liegen. Ich laufe definitiv sehr leise, aber ob mich das zu einem guten Läufer macht, wage ich zu bezweifeln. Ich muß mich ja auch nicht ökonomisch perfekt bewegen, weil ich damit nichts erreichen will. Wenn ich Tiere erschrecke, finde ich das besonders schade – darum rede ich sie immer an – wenn ich sie denn sehe. Radfahrer auf dem Fußweg dürfen sich gerne erschrecken. 😉

    Ja, aufmerksam durch die Welt. Aber die meisten Läufer haben anderes im Kopf, als da wären PB´s. Das unterscheidet mich.

    Stefan, ein bißchen Erotik kann nicht schaden, gell? 😀

    Ich bin relativ schrecksicher, auf Radfahrer reagiere ich nicht. Im letzten Jahr bekam ich einen großen Schreck, als plötzlich aus dem nichts ein Pilzsammler im Wald auftauchte. Da hat es mich dann erwischt. Oder wenn mich Autos anhupen, da kriege ich öfter einen.

    Christian, bisher kam noch niemand über den Suchbegriff „Sex“. Schaun mer ma! Selbige Sucher werden dann aber höchst enttäuscht sein. 😉

    Mir wurde einst eingetrichtert auch Augen im Hinterkopf zu haben. Soll heißen, daß ich immer genau weiß, ob jemand hinter mir ist oder nicht. Ich mag das sowieso nicht, wenn Personen hinter mir sind.

    Allen Kommentatoren eine schöne Woche! 🙂

  20. Hallo Marcus,

    was für ein schöner Laufbericht wieder! Du hast auf deiner Strecke Natur pur – darum beneide ich dich, gönne es dir aber von Herzen!

    Und ich kann dir nur zustimmen: ich mag es auch nicht, wenn Personen hinter mir sind!

    Hab‘ einen tollen Start in die neue Woche und viele wunderschöne Läufe; grüß die kleinen Lämmer von mir!

    Liebe Grüße
    Eva

  21. Ja Eva, schöner Lauf = schöner Laufbericht. 😉

    Die lütten Lämmer lagen alle dicht beiainder, heute ist es eher frisch.

    Ebenfalls eine angenehme Woche und schöne Läufe!

  22. Hallo Marcus,

    ich vermute mal das alleine das Wort „SEX“ in der Überschrift dir eine Menge Klicks gebracht hat. 😉

    LG
    Marco

  23. Wie hast Du denn den Artikel gefunden? Das ist ja ewig her. Und ja, durch die Verwendung des Wortes SEX, insbesondere auch in der Form von SEX und Sex, also durch die explizite Implementierung von Sex konnte ich zahlreiche Hits generieren, vorwiegend von sexgeilen Männchen, die alle auf der Suche nach Sex waren und hier, in diesem meinem Artikel Sex fanden, wenngleich nicht die Intention von Sex, die sie sich erhofften. 😀 😀 😀

    Alles Gute,

    Marcus

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