Befreit…

…von der Dominanz der Sonne mit ihrem eisernen Hitzegriff der letzten Tage. Meine Verbündeten, Regen und Wind betreten die Himmelsbühne und laden zu einem erfrischenden Schauspiel ein – ungebeugte Kraft. Bereits in der Nacht fing es an zu gießen. Ein extrem dunkler Tag bei 17 C°. Bei einer derartigen Witterung werde ich immer sehr unruhig, als ob mich eine unsichtbare Macht in die Natur zieht. Augenscheinlich wird der Niederschlag anhalten, dennoch starte ich früh am Morgen. Schnell die speziellen Regenschuhe angezogen und los geht es. Die aromatische Luft, welche bei diesem Wetter stets einhergeht, wirkt belebend und beruhigend. Nach 200 Metern bin ich komplett durchnäßt; auf der Brücke breite ich meine Arme aus, gucke in den Himmel, nehme die Wolken in ihren differenzierten Grauschattierungen wahr und kann nur noch lächeln. Die vorbei fahrenden Autofahrer denken sicherlich, „So ein Spinner“. Ja, sollen sie ruhig. Je größer die unverständlichen Blicke, desto mehr sagt das über diese Personen aus und umso ausgeprägter mein Lächeln.

Beim Betreten des ersten Waldes weiche ich den unzähligen Pfützen und Rinnsalen noch aus. Der Wald, eingeschlossen von Stille und Einsamkeit. Nur die Vögel zwitschern unaufhörlich. In den Wäldern wird die Dunkelheit des Tages konzentriert – ein düsterer Anblick. Auf dem Damm nehme ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr, ich blicke nach links und erspähe etwas Rotbraunes. Just in der Sekunde springt das Reh auch schon los und flüchtet. Auf dieser Höhe ist es für mich das erste Mal, daß ich ein Reh erblicke. Ich laufe weiter und auf dem Damm bilde ich ein exponiertes Ziel für den Wind, der teilweise in mäßigen Brisen auftritt. Ein herrliches Gefühl, vor allem am Hals in Kombination mit dem Regen – ich liebe das. Vorbei an der Badestelle, mit Blick auf den See. Der Wind peitscht selbigen auf und die kräftigen Wellen schwappen an das Ufer.

Anschließend dringe ich tiefer in den Wald ein, welcher heute verlassen von den Karten spielenden Waldarbeitern in der Dunkelheit liegt, was mich jedoch nicht weiter verwundert. Mittlerweile sind meine Schuhe ebenfalls durchnäßt, so daß ich nun keine Rücksicht mehr nehme, zumal es sich um die alten und kaputten Laufschuhe handelt. In alter Grenadiermanier laufe ich mittendurch und versinke dann und wann 20 Zentimeter tief im Wasser. Insgesamt lief ich 15 Kilometer und während dieser Zeit traf ich nicht einen Menschen. Die Wälder, der Damm – einsam und verlassen im Regen – gehörten mir. Eine grandiose Atmosphäre, um sich nur auf sich selbst zu besinnen. Purer Genuß.

Ich trete den Rückzug an und lasse die vollendete Natur hinter mir und gliedere mich langsam wieder in die Zivilisation ein. Sofort begrüßt mich ein großer LKW und ich bekomme eine volle Wasserladung ab, was mich aber nicht in meiner freudigen Stimmung beeinträchtigen kann. Zu Hause angekommen, verharre ich auf der Straße, mein Blick schweift in den Himmel und ich lasse den Lauf Revue passieren. Im Anschluß wringe ich sämtliche Kleidungsstücke aus – meine Finger und Zehen sind durch das Wasser verschrumpelt. Das Wetter, der Lauf – Freude par excellence – wie für mich gemacht. Laufen macht glücklich. Es war eine reine Wonne, am liebsten hätte ich die Welt umarmt.

18 Antworten to “Befreit…”

  1. … und ich dich 😉

    Herrlich wie du das beschrieben hast. Man merkt wie es dir gefällt und man läuft mit dir mit!

    Danke für den schönen Bericht!

  2. Ja – schön! *drückt*

    Ich liebe diese Läufe einfach. Für mich sind das die schönsten überhaupt! Aber Du magst das ja nun auch, gell?

  3. Ich finde das auch sehr schön, aber es darf nicht zu kalt sein. Das mag ich dann nicht. *mitdrückt*

  4. Doch, 10 C° wäre noch besser gewesen. Aber das empfindet jeder anders…

  5. Das ginge wohl gerade noch so… *bibber*

  6. 😀 Bei 05 C° sind die Blicke noch unverständlicher… 😉

  7. *lach* na das kann ich mir gut vorstellen 😉

  8. Kannst Du dieses Jahr ebenfalls einmal testen!

  9. hihi, erstmal den Sommer überstehen, also laufender Weise 🙂

  10. Momentan stagniert es ja etwas, aber abwarten, Deine Zeit kommt schon wieder. Wenn es frischer wird, macht es auch mehr Spaß.

  11. Ich weiß – leider. Aber wie du sagst, meine Zeit kommt und die kommt wohl bald *hoff* Und daran ist nicht der Sommer/die Hitze schuld 😉

  12. Ich weiß. Immer positiv denken! 🙂

  13. Marcus, wenn schon nass, dann aber richtig volle Pulle, gell 😕

    Ein wenig beneide ich dich schon, denn bei uns weit und breit nichts zu sehen ,geschweige denn zu spüren von irgendeinem Nass, nur das Nass an den Füssen, wenn man am Strand läuft.

    Schön hast du das beschrieben, ich war – wie so oft – mit dabei !
    Danke 8)

    P.S. “ Am liebsten hätte ich die Welt umarmt „.
    Das Gefühl kenne ich ! 8)

  14. Sicher, es muß ja Spaß machen. 😉 Ich freue mich schon, wenn der Regen konstant anhält – das ist ja eher selten.

    Das Wasser ist auch für die Natur wichtig, es wurde wirklich Zeit.

    Sicherlich empfinden so die meisten Läufer, gell?

  15. Und wer ist der nette Herr, der jetzt auf deinem Blog ganz oben einen Ehrenplatz gefunden hat ❓

  16. Kǒng Zǐ = Konfuzius. Schick, gell?

  17. Ach Konfuzius, na dann bin ich aber beruhigt ! 😉

    Sehr schön ! Dann wollen wir ihn doch ab und an ein wenig zitieren, gell 😕

    Ein wunderschönes Wochenende von der Ostsee !!

  18. An wen dachtest Du denn? Mit Zitaten kann ich dienen. 8)

    „Die Erfahrung ist wie eine Laterne im Rücken – sie beleuchtet stets nur das Stück Weg, das wir bereits hinter uns haben.“

    Ebenfalls einen herrlichen Sonntag! 🙂

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